5.Tag Bauernhof La Bastide
Mi. 04.07.2007 23.00 Uhr
Nach der Stadt sind wir jetzt auf dem Land angekommen, ein Biobauernhof, fern ab von jeder Siedlung, mit Rinderzucht (Rasse Gasconne) und vielen Gästezimmern. Der Hof gehört zum Verband Accueil Paysan "la campagne à bras ouvert". Zuvor haben wir noch 2 Orte des Katharismus besucht, die Namen sind mir wieder entfallen, später werde ich sie ergänzen: Puivert und Montaillou.

Der erste Ort lag an einem großen See, dessen natürlicher Staudamm in historischer Zeit vor mehr als 1000 Jahren (??? bei der Geschichte habe ich nicht richtig aufgepasst) brach und unterhalb liegende Orte wie Mirepoix samt der Kirche zerstörte (In ihrem Schatten lag unser Hotel, einige hatten den Kirchturm mit den Glocken in ihrem Zimmer-Fenster, diese Kirche mit dem überbreiten Hauptschiff und dem eigenartigen Gewölbe, diese Kirche mit ihren farbenprächtigen Fenstern).

Auf einem Bergrücken in der Nähe gab es ein Chateau, Burg und Schloss zugleich, nicht uneinnehmbar, aber mit geheimen unterirdischen Gängen, durch die die den Katharern nahe stehende Adelsfamilie vor den Kreuzzüglern fliehen konnte. Später wurde die Burg wieder aufgebaut.

Vor wenigen Jahren machte sich ein interdisziplinäres Team von Historikern und Instrumentenbauern daran, Musikinstrumente, die mit Figuren zusammen einen Saal der Burg schmückten, nachzubauen um die Musik der Troubadoure wieder erklingen zu lassen. Und wie die nachgebauten Instrumente klingen, konnten wir über CD-Einspielung direkt vor Ort hören auch neu interpretiert und mit ungewohnten Klangbildern, nicht einhellig nur mit Wohlwollen aufgenommene, und später in einer Mediothek im Museum. Es ist ein sehr schönes Museum mit vielen Interessanten Ideen, die alte Zeit lebendig werden zu lassen.


Und ich gehe schnell noch auf unseren Abstecher in die Berge nach Montaillou ein. Conny erzählt uns wieder von den Katharern und insbesondere von den Familienclans bzw. Häusern [ustal ???], die in der Zeit, Ende des 13. Jh. die bedeutenden Machtzentren waren, um Schutz und Überleben des Einzelnen zu sichern. So wurden zwar alle Bewohner des Ortes zunächst von den Kreuzzüglern gefangen genommen, eine einflussreiche, den Katharern nahe stehende Familie konnte durch ihre guten Beziehungen aber wieder frei kommen. Durch wilde Landschaften, auf und ab und durch Täler und Schluchten kreuz und quer sind wir weiter gefahren und jetzt hier beim Untergang des Sonne eingetroffen. Leider ist es schon spät und wir werden gleich essen, keine Zeit zur Erkundung der Umgebung.
Zeittabelle Katharer
aus Helene Luise Köppel:
http://www.mittelalter-roman.de/index.php?option=com_content&task=view&id=41&Itemid=431244/ 1246
Die Verhörmethoden der Inquisition verändern sich. Die Urteile werden abgemildert.
1249
Allmähliche Verwischung der Grenzen zwischen Katharismus und Katholizismus.
(27.9.) Tod des Grafen Raymond VII., im Alter von 52 Jahren. Der Bruder König Ludwigs VIII., Alphonse de Poitiers, übernimmt die Ländereien des verstorbenen Grafen und heiratet dessen Tochter Jeanne de Toulouse.
1255
Die Burg Puilaurens ergibt sich.
1256
Die
Burg Queribus wird erobert.
1269
Der Katharerdiakon Pagés sorgt für eine kurzzeitige Wiederbelebung des katharischen Glaubens.
1271
Alphonse de Poitiers und Jeanne de Toulouse sterben ohne Nachkommen. Die großen Ländereien der ehemaligen Grafen von Toulouse fallen endgültig an die Krone Frankreichs.
1299
Letztes Aufbäumen des katharischen Glaubens: Der Notar Pierre Authiér findet nochmals an die tausend Anhänger in 125 Ortschaften und weiht erneut parfaits.
Pierre Authiér, Notar und einstiger Vertrauter des Grafen Roger Bernhard III. von Foix, führte ein Wiederaufleben des Katharismus herbei. Nach seiner Rückkehr aus der Lombardei, wohin er sich drei Jahre zuvor geflüchtet hatte, gewinnt er in 125 Ortschaften nochmals an die tausend Anhänger. Seine Bücher galten als seltene Kostbarkeiten, und seine Beredsamkeit war sprichwörtlich: „Wenn man einmal die bonshommes (Guten Menschen) reden gehört hat“, so Raymond Roussel, der Verwalter des Schlosses von Montaillou, „kann man nicht mehr auf sie verzichten, ist man ihnen für alle Zeiten ergeben.“
„Als Luzifer mit Gott im Streit …“ Authié berichtet, wie sich der Teufel (Anm. lateinisch Rex mundi, der Herr der Welt), nachdem er tausend Jahre vor der Tür gewartet hatte, ins Paradies schlich und dort die Seelen damit verführt, daß er ihnen erzählt, sie seien Untertanen des himmlischen Vaters. Wörtlich der Teufel: „Wenn ihr mir in meine Welt folgt, dann werde ich euch jedoch Besitz geben in Form von Feldern und Weingärten, Gold und Silber, Ehefrauen und anderen Gütern jener sichtbaren Welt“. Viele Geister – so Authié - hätten sich verleiten lassen und wären so dann neun Tage und neun Nächte lang wie starker Regen durch ein Loch aus dem Paradies gefallen. Als der Vater sah, wie sich der Himmel leerte, erhob er sich von seinem Thron und stellte seinen Fuß auf das Loch. Zu den gefallenen Seelen sagte er: „Geht für jetzt.“ Damit hatte er die Tür für die Erlösung offen gehalten. Jeder Mensch würde gerettet werden, selbst die Bischöfe und Hohen Priester, die allerdings die Letzten sein würden. Authié sah die Seelen der Priester und Päpste als die bösen Ratgeber des Satans, für sie würde der Weg zurück zum Vater am beschwerlichsten sein. Als die Seelen auf der Erde angefangen hatten, über ihren Verlust zu trauern, hätte ihnen der Teufel zum Trost Hüllen angeboten, die sie die Glückseligkeit des Himmels vergessen ließen. So hatte der Teufel den menschlichen Körper geschaffen. Diese Körper waren jedoch unfähig, sich zu bewegen, wenn der himmlische Vater ihnen kein Leben einhauchte. Der Teufel bat den Vater, dies zu tun, und er tat es, unter der Bedingung, daß das, was er in den Körper gab, Sein war, während der Körper selbst dem Teufel gehörte. So und nicht anders wäre, nach Authié, die Dichotomie von Körper und Seele entstanden, und die Seelen hätten in ihren Körpern vergessen, was sie im Himmel gehabt hatten. Niemand könne gerettet werden oder in den Himmel zurückkehren, der sich nicht den „guten Christen“ (Katharer) überantwortete. Wer es nicht tat, dessen Seele wäre beim Tod gezwungen, in einen anderen Körper, sei es den eines Menschen oder Tieres, überzugehen. Diese Seelenwanderung würde so lange fortgesetzt, bis die Sünden des Körpers auf Erden getilgt seien. (FR, f 202, s.a. Réne Weis, Die Welt ist des Teufels, Seite 198)
„Mummenschanz“: In einer anderen Predigt sprach Pierre Authié vom Unsinn der Wassertaufe (wörtlich „Mummenschanz“), bei der die Eltern im Namen eines ohnmächtigen Kindes Antwort gäben; er stellte sich entschieden gegen die Eucharistie und behauptete auch, die einzige sakramentale Ehe sei die Vereinigung der Seele mit Gott. Obendrein sei es keine Sünde, die Feiertage zu mißachten, im Gegenteil sei es besser zu arbeiten, als dem Müßiggang zu frönen und zu schwatzen. Wer lesen kann, muß ein Ketzer sein …
Ursprünglich bedeuteten den Katharern sowohl die Bildung als auch die Kunst nicht viel. Bildung – unnütz, weil diesseitig – hatte mit ihrem Glauben nichts zu tun, Kunst – sakrale oder profane – alles nur eitler Luxus. Doch die Entwicklung war gegenläufig, es vollzog sich ein Wandel, nachdem sich viele Gebildete auf die katharische Seite geschlagen hatten. Nun sprachen die parfaits neben Okzitanisch auch Latein und man studierte eifrig Philosophie, Griechisch, Arabisch und Hebräisch. Schnell sprach es sich im Land herum: Wer lesen konnte, galt als Ketzer! Kein Wunder, daß man eine besondere Vorliebe für wertvolle Bücher und seltene Schriften entwickelte.
Pierre Authié, der aus einer reichen Familie stammte, muß eine umfangreiche Bibliothek besessen haben. Vermerkt ist eine illustrierte Handschrift, „ein sehr schönes Buch mit erlesenen Bologneser Lettern, die in Blau und Zinnoberrot reich verziert waren, und das Buch enthielt die Evangelien in Okzitanisch und die Briefe des heiligen Paulus.“ (d`AR, f.64r) Authié besaß auch eine Lederschatulle, die speziell für sein „Tröstungsbuch“, das Evangelium des Johannes, angefertigt worden war. (Jeder parfait trug dieses Evangelium ständig bei sich.) Die Inquisitionsakten erwähnen des weiteren ein Buch, das in Okzitanisch verfaßt und in altes Pergament gebunden war und Argumente für und wider die katholische Religion und den Manichäismus (eine frühere dualistische Häresie), beinhaltete, der zufolge beide, Gott und Satan, ewige Mächte waren. Doch im Jahr 1310 brennt auch Pierre Authiér.
Die Inquisition wird fortgesetzt. Die Katharer verbergen sich oder verlassen das Land. Der katharische Glaube paßt sich dem katholischen an.
1320
1321
Guillaume Bélibaste, der letzte bekannte Vollkommene, wird verbrannt.
Die Inquisition ließ ein zugrunde gerichtetes verarmtes Land zurück, dessen Handwerk und Handel zerstört war. Fremde aus dem Norden übernahmen willig Grund und Boden.
Dafür war die Einheit des Glaubens und einer Kirche wiederhergestellt, die in weiten Teilen noch immer verhärtet und verweltlicht war.